Polen liegt näher als man denkt
„Polen liegt näher als man denkt“ – Mit diesen einleitenden Worten lässt die Polnische Tourismusorganisation eines ihrer Werbehefte beginnen. Polen sei ein „Garten der Natur“ und eine „Schatzkammer der Kultur“. Zudem sei Polen ein „demokratischer Staat“, welcher von „gastfreundlichen Menschen“ bewohnt sei. Die modernen touristischen und kulturellen Einrichtungen würden erstklassige Erholung ermöglichen und „selbst den anspruchsvollsten Gast befriedigen“. Soweit so gut. Wer könnte einer Tourismusbehörde verübeln, mit Superlativen das eigene Land anzupreisen, um Gäste anzulocken? Dennoch sollte erlaubt sein, die spiegelnde Oberfläche der polnischen Werbebroschüren nach dem darunter liegenden Gehalt kritisch zu hinterfragen.
„Polen liegt näher als man denkt“ – Ja, genau genommen beginnt Polen seit 1945 in Ostdeutschland, und ist Deutschland damit näher als viele ahnen. Heute wirbt Polen mit ostdeutschen Kulturschätzen in Schlesien, Pommern, Ostpreußen…, wem ist das noch bewusst? Im Zuge der europäischen Völkerfreundschaft müsste es selbstverständlich sein, ehrlich mit der eigenen Geschichte umzugehen. Leider gelingt das Polen in weiten Teilen bis heute nicht. Ein paar Beispiele aus dem vorliegenden Heft mögen das belegen1)Polnische Toursimusorganisation, www.polen.travel:
Auf der zweiten Seite steht geschrieben, dass Polen als Volk geboren wurde, „für das Freiheit höchstes Gebot und Toleranz sowie Aufgeschlossenheit Fremden gegenüber eine Selbstverständlichkeit sind“… Nun, wie kann es dann aber dazu kommen, dass auf Seite 5 Nikolaus Kopernikus, Sohn deutscher Eltern, als „polnischer Weltbürger“ ausgegeben wird? Diese bewusst gegen die deutschen Spuren im heutigen Polen gerichtete Sichtweise verdrängt nämlich nicht nur die multinationale Geschichte des als polnisch beanspruchten Territoriums, sie offenbart auch eine gewisse Unfähigkeit zum logischen Denken. Nehmen wir einmal an, Kopernikus (*1473) sei wirklich „in Polen“ geboren worden und sei damit automatisch Pole, dann wären konsequenterweise einige berühmte Polen keine Polen mehr, sondern Russen. Z.B. Joseph Conrad (Józef Teodor Nałęcz Konrad Korzeniowski), den das Heft auf Seite zwei erwähnt, ist – entgegen der im Heft dargestellten Sichtweise – nicht in Polen geboren, sondern 1857 in Berditschew, damals Russisches Kaiserreich, heute Ukraine.
Eine Geschichtsklitterung lässt sich auch auf Seite 17 finden. Während Warschau und Krakau in den Überschriften jeweils mit ihren deutschen Namen genannt werden, heißt es bei Breslau groß: „Wrocław – Treffpunkt der Nationen“. Warum wird hier auf einmal der polnische Name von Breslau verwendet, den Polen dieser ostdeutschen Stadt nach der Okkupation durch Stalin & Co. verliehen hatten? „Treffpunkt der Nationen“ ist ebenfalls irreführend, vor allem, wenn es im Text ergänzend dazu heißt: „Im Laufe dieser Zeit gehörte die Stadt aufeinander folgend zu Böhmen, Österreich, Ungarn, dann zu Deutschland und heute zu Polen.“ Tatsache ist, dass nicht nur Österreich damals zum „Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation“ gehörte, sondern auch das vom deutschen Herrscherhaus der Luxemburger regierte Böhmen.
Quellen
↑1 | Polnische Toursimusorganisation, www.polen.travel |
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