Volksabstimmung in Oberschlesien
Eine nach dem Ersten Weltkrieg am 20. März 1921 in Oberschlesien durchgeführte Volksabstimmung infolge des Versailler Vertrags machte die Zugehörigkeit Oberschlesiens zu Deutschland offenkundig. Dennoch wurde Oberschlesien von den Interalliierten Mächten geteilt. Diese vorsätzliche Ignorierung des Selbstbestimmungsrecht hatte im deutschen Volk den Glauben an Gerechtigkeit untergraben und Hitler den Weg bereitet.
Obwohl der amerikanische Präsident Woodrow Wilson in seinen berühmten 14 Punkten das Selbstbestimmungsrecht zur Maxime erhoben hatte, sollte Oberschlesien zunächst gemäß einem Entwurf des Versailler Vertrages ohne Befragung der betroffenen Bevölkerung vom Deutschen Reich abgetrennt werden. Erst eine Massenkundgebung der Oberschlesier mit der Forderung nach Gewährung des Selbstbestimmungsrechtes hatte den Erfolg, dass eine Abstimmung über das künftige Schicksal Oberschlesiens in den Text des Versailler Friedensvertrags aufgenommen wurde.1)Der Versailler Friedensvertrag und der deutsche Osten
Allerdings wurden die Teile Oberschlesiens aus dem Abstimmungsgebiet ausgeklammert, die nicht als doppelsprachig galten, um auf diese Weise den erwarteten Abstimmungssieg Polens zu sichern.
Hupka, Schlesisches Credo, S. 155.2)Hupka, Herbert: Schlesisches Credo, Langen Müller, München 1986
Eine eindeutige Mehrheit von 59,6% der Abstimmungsberechtigten stimmte jedoch für den Verbleib bei Deutschland. Trotz dieser Faktenlage wurde Oberschlesien auf Beschluss der Interalliierten Mächte geteilt. Hätte umgekehrt Polen einen solch hohen Abstimmungssieg erzielt, wäre ganz Oberschlesien zu Polen gelangt.
Dr. Michael A. Hartenstein schreibt in seinem Buch “Die Geschichte der Oder-Neiße-Linie”:
Im oberschlesischen Abstimmungsgebiet stimmten am 20. März 1921 59,6 Prozent für den Verbleib bei Deutschland, ein Ergebnis, das von Polen jedoch nicht akzeptiert wurde. Vor und nach der Abstimmung kam es aufgrund polnischer, von Polen unterstützter “Aufstände” in Oberschlesien zu blutigen deutsch-polnischen Auseinandersetzungen. Schließlich wurde Oberschlesien aufgrund einer Empfehlung des Völkerbundrates durch die Pariser Alliierte Botschafterkonferenz am 20. Oktober 1921 entlang einer willkürlichen Linie geteilt, durch die der wirtschaftlich wertvollere Teil des Landes (z.B. 75 Prozent der Industrie, 85 Prozent der Erz- und Kohlelagerstätten) an Polen fiel.
Hartenstein, Oder-Neiße-Linie, S. 36f.3)Hartenstein, Michael A.: Die Geschichte der Oder-Neiße-Linie, Olzog-Verlag, München, 2006
Hans Lukaschek, Oberschlesier und erster Bundesvertriebenenminister Deutschlands (1949-1953), der selbst im Widerstand gegen Hitler tätig war und nach dem Attentat vom 20. April 1944 gegen Hitler verhaftet und gefoltert worden war, stellte in einem Rückblick fest:
Was damals an Unrecht geschah, das hat zur Folge gehabt, dass es zum Zweiten Weltkrieg gekommen ist, denn es hatte im deutschen Volk den Glauben an Gerechtigkeit untergraben. Die damaligen Ereignisse haben Hitler den Weg bereitet. Man darf das nicht vergessen.
Hupka, Schlesisches Credo, S. 156
Quellen
↑1 | Der Versailler Friedensvertrag und der deutsche Osten |
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↑2 | Hupka, Herbert: Schlesisches Credo, Langen Müller, München 1986 |
↑3 | Hartenstein, Michael A.: Die Geschichte der Oder-Neiße-Linie, Olzog-Verlag, München, 2006 |