Sudetendeutscher Tag 2008
Vom 10. bis 11. Mai fand in Nürnber der 59. Sudetendeutsche Tag statt. Eröffnet wurde er am Samstag mit der Verleihung des Europäischen Karlspreis an den tschechischen Bürgerrechtler und Publizisten Petr Uhl, ein führender Freiheitskämpfer des Prager Frühlings 1968. Die Hauptansprachen am Sonntag hielten der Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, Bernd Posselt MdEP, und traditionell wieder der Schirmherr der Sudetendeutschen in Bayern, der bayrische Ministerpräsident, seit Oktober 2008 nunmehr Günther Beckstein. Zentrale Themen waren neben der Preisverleihung an Petr Uhl das von der deutschen Bundesregierung im März diesen Jahres auf den Weg gebrachte „Zentrum gegen Vertreibungen“ und die Konzeption eines „Sudetendeutschen Landesmuseum“ in Bayern.
Es war dieses Jahr ein besonderer „Sudetendeutscher Tag“: Die im Messezentrum Nürnberg versammelten Sudetendeutschen konnten nicht nur einen neuen Schirmherr begrüßen, sondern mit Franz Pany auch einen neuen Bundesvorsitzenden der Sudetendeutschen Landsmannschaft.1)Offizielle Internetseite der Sudetendeutschen Landsmannschaft
Die Beziehungen zwischen Tschechien und Deutschland verbessern sich
Es herrschte eine gelöste Stimmung. Die Beziehungen zwischen Tschechien und Deutschland verbessern sich merklich. Der junge tschechische Kulturminister Liška hatte unlängst davon gesprochen, dass in den tschechischen Schulbüchern über die Vertreibung geschrieben werden muss und immer mehr Menschen in Tschechien öffnen sich für den Dialog mit den Sudetendeutschen und versuchen ein dunkles Kapitel ihres Landes aufzuarbeiten.
Einer der Vorreiter auf tschechischer Seite für die Versönung mit den Deutschen ist der diesjährige Karlspreisträger Petr Uhl. Als Begründer der tschechoslowakischen Menschenrechtsbewegung „Charta 77“ saß Petr Uhl von 1969 bis 1973 und 1979 bis 1984 hinter Gittern. 1989 gestaltete er zusammen mit Václav Havel den Übergang zur Demokratie mit. In seiner Dankesrede auf dem Sudetendeutschen Tag erzählte Uhl, wie in den Siebziger Jahren die Diskussion der „Charta 77“ über die Rechtmäßigkeit der Vertreibung der Deutschen auf einem Höhepunkt angelangte und er als entschiedener Kritiker für 5 Jahre ins Gefängnis gehen musste.
Petr Uhl hob in seiner Dankesrede hervor:
Die Vertreibung kann unter den Bedingungen des tschechoslowakischen Staates, der demokratisch sein wollte, nicht durch die Naziverbrechen gerechtfertigt werden, die zu Recht von der ganzen Welt, einschließlich der Deutschen und der Sudetendeutschen, verurteilt worden sind.
Ministerpräsident Beckstein fordert Aufhebung der Benesch-Dekrete
Noch immer stehen die Vertreibung der Deutschen legitimierenden „Benesch-Dekrete“ des damaligen Staatspräsidenten der Tschechoslowakei, Edvard Beneš (1884-1948) als „Stein des Anstoss“ zwischen Deutschland und der Tschechoslowakei. Ministerpräsident Beckstein betonte in seiner Ansprache:
Die Benesch-Dekrete passen in keine demokratische Rechtsordnung. […] Die Benesch-Dekrete sind ein massiver Verstoß gegen Europa-, Völker- und Menschenrecht.
Auch das sogenannte Straffreistellungsgesetz von 1946, das alle mit Ende des Zweiten Weltkriegs von Tschechen gegen Deutsche begangene Straftaten unter „Straffreiheit“ stellt, würde die Sudetendeutschen zutiefst verletzen. Es sei ein „ganz großer Stachel im Wertegefüge Europas.“
Ich sage von dieser Stelle an die tschechische Politik: Heben Sie dieses Gesetz auf. Machen Sie deutlich, dass es in einem Rechtsstaat keine Rechtfertigung für Gewalttaten geben darf.Günther Beckstein
„Sichtbares Zeichen“ und „Sudetendeutsches Landesmuseum“
Ausdrücklich bedankte sich der bayrische Ministerpräsident bei der Bundeskanzlerin Angela Merkel, da das „Zentrum gegen Vertreibungen / das sichtbare Zeichen“ dank der CDU/CSU endlich auf den Weg gebracht sei. Wie jedes Volk brauche auch Deutschland Erinnerungsstätten an dramatische Entwicklungen in der eigenen Geschichte. Erika Steinbach, die sich seit acht Jahren für dieses Projekt einsetzt, müsse mit in die Entstehung dieses Gedenkortes eingebunden werden.
Bayern ist neben Baden-Württemberg und Hessen als „Pate“ in besonderer Weise an der finanziellen Realisierung beteiligt. Daüberhinaus stellt Bayern, wie Beckstein nun verlauten ließ, auch erhebliche Mittel für ein zentrales „Sudetendeutsches Landesmuseum“ in Bayern bereit. Die Konzeption wird momentan inhaltlich und finanziell seitens der Staatsregierung geprüft.
Der 59. Sudetendeutsche Tag endete am Sonntag mit einem „Großen Volkstumsabend“ und einem „Sudetendeutschen Volkstanzfest“. Grund dafür hatten die Sudetendeutschen nach all den positiven Botschaften und Zukunftsperspektiven allemal. Günther Beckstein kündigte an, auch wieder beim 60. Sudetendeutschen Tag in einem Jahr dabeisein zu werden.
Quellen