Regelung ist nicht endgültig

Mit Ende des Zweiten Weltkriegs marschierte die Rote Armee in mehreren Offensiven bis zur Oder. Nachrückende Truppen, darunter auch die Polnische Miliz, verbreiteten Terror und Schrecken unter der deutschen Zivilbevölkerung, um diese so zur Flucht zu bewegen. In diesem Sinne resümierte Stalin die Vertreibung der Deutschen immer wieder verharmlosend: Die deutsche Bevölkerung ist dem deutschen Heer nach Westen gefolgt. – Gezielt wurden “polnische Umsiedler” herangekarrt, um für die Potsdamer Konferenz “vollendete Tatsachen” zu schaffen…

George C. Marshall - US-Außenminister (1947 - 1949)
George C. Marshall – US-Außenminister (1947 – 1949)1)Bildquelle: U.S. federal government. Gefunden auf Wikimedia Commons, Lizenz: Public Domain – abgerufen am 2.02.2009

Über den Verlauf der Potsdamer Verhandlungen gibt eine Bemerkung des amerikanischen Außenministers George C. Marshall (1880-1959)2)George C. Marshall Foundation bei der Moskauer Konferenz am 9. April 1947 Aufschluss. In verschiedenen Briefen an Stalin hatten die Regierungen der Vereinigten Staaten und Großbritanniens Einspruch dagegen erhoben, dass mit der Errichtung von polnischen Verwaltungsbehörden der noch ausstehenden, endgültigen Grenzziehung im Westen Polens vorgegriffen wird.

Marshall sagte in bezug auf Potsdam:

“Nach unserem Protokoll wurde von Generalissimus Stalin festgestellt, dass verschiedene Zuschriften von den Regierungen der Vereinigten Staaten und Großbritannien eingegangen waren, in denen darauf hingewiesen wurde, dass in gewissen Gebieten keine polnischen Verwaltungsbehörden errichtet werden sollten, bis die Westgrenzen Polens endgültig festgelegt seien.

Generalissimus Stalin erklärte, wie in unserem Protokoll verzeichnet ist, weiter, dass die Sowjetunion diese Vorschläge nicht annehmen könne, da die deutsche Bevölkerung dem deutschen Heer nach dem Westen gefolgt, die Polen aber geblieben seien, und da die Rote Armee örtliche Verwaltungsbehörden in diesen Gebieten brauche, weil sie nicht gleichzeitig kämpfen und das Land von feindlichen Agenten säubern könne.

Es herrschte mit anderen Worten ein Zustand, der zu der bestimmten Zeit – ich wiederhole: zu der bestimmten Zeit – nicht gut rückgängig gemacht werden konnte. Der Präsident der Vereinigten Staaten nahm diese Erklärung an, die für uns auf gut Englisch bedeutete, dass die Angelegenheit bei der Friedenskonferenz zu regeln sei. Herr Truman hatte mit anderen Worten eine klare Vorstellung von den Umständen, unter denen man in Potsdam übereingekommen war, und er hatte, ebenso wie wir alle, die wir Englisch lesen können, eine ganz bestimmte Vorstellung, dass diese Angelegenheit noch nicht geregelt sei, sondern noch für die gegenwärtigen und zukünftigen Monate ausstehe.”

Aus: Europa-Archiv, Jg. 1947, S. 7213)Zitiert nach: Rhode, G. u. Wagner W., Die deutschen Ostgebiete. Quellen zur Entstehung der Oder-Neisse-Linie, Brentano-Verlag, Stuttgart, 1956, S. 255f.

Weiterführende Hinweise

Potsblits: [cref polnische-westgrenze]

Quellen

Quellen
1 Bildquelle: U.S. federal government. Gefunden auf Wikimedia Commons, Lizenz: Public Domain – abgerufen am 2.02.2009
2 George C. Marshall Foundation
3 Zitiert nach: Rhode, G. u. Wagner W., Die deutschen Ostgebiete. Quellen zur Entstehung der Oder-Neisse-Linie, Brentano-Verlag, Stuttgart, 1956, S. 255f.