Polnische Ostgebiete? – Teil 2
Der promovierte Jurist und Historiker Prof. Alfred de Zayas betont in einem Artikel in der “Encyclopaedia of Public International Law”, dass es nach dem Zweiten Weltkrieg im Grunde keine “Westverschiebung Polens” sondern eine “westliche Expansion Polens” gegeben habe. Dabei hatte Polen aber gar kein Recht auf Entschädigung im Westen gehabt.
Eigentlich gab es keine Westverschiebung Polens, sondern eine westliche Expansion Polens.Prof. de Zayas, Encyclopaedia of Public International Law1)Prof. de Zayas, “Curzon-Linie”, Encyclopaedia of Public International Law, Bd. I, Amsterdam, 1992
Als Ostgrenze des neuen polnischen Staates fungierte zunächst die von den Westalliierten am 8. Dezember 1919 als Demarkationslinie zwischen Sowjetrussland und der Zweiten Republik Polen verkündete Curzon-Linie. Sie basierte auf dem ethnographischen Prinzip. D.h. Professor Alfred de Zayas betont, dass vom ethnischen Standpunkt die nach dem englischen Lord Curzon benannte Linie eine gerechte Ostgrenze Polens darstellte.
Der Begriff “Westverschiebung Polens” ist insofern unberechtigt, denn die Ukraine hatte den besseren Anspruch auf die Gebiete östlich der Curzon-Linie, und Polen hatte kein Recht auf eine “Entschädigung im Westen”.Prof. de Zayas, Encyclopaedia of Public International Law
Die Gebiete, die Polen im Krieg gegen die Sowjetunion 1919 bis 1921 beanspruchte, hatten nämlich eine überwiegend ukrainische und weißrussische Bevölkerung. Dort lebten nur etwa drei Millionen Polen. Churchill, Roosevelt und Stalin hatten so auf der Konferenz von Jalta überhaupt keine Probleme damit, erneut diese Curzon-Linie als östliche Grenze Polens zu definieren.
Nach Prof. de Zayas vermittele der Begriff “Westverschiebung” den falschen Eindruck, als ob Polen tatsächlich ein Anrecht auf eine Entschädigung im Westen gehabt hätte. Der Begriff bagatellisiere die Tatsache, dass hier die alten Ambitionen der polnischen Westexpansion erfüllt wurden.
Viele der etwa 1,5 Millionen Polen, die in den Jahren 1945 bis 1948 aus dem Gebiet östlich der Curzon-Linie ausgesiedelt wurden, durfte ihr Privateigentum mitnehmen. Viele von ihnen wurden dann in den von Polen verwalteten deutschen Ostprovinzen, vor allem in Schlesien, zwecks deren Polonisierung angesiedelt.
Weiterführende Hinweise:
Potsblits: [cref polnische-ostgebiete-1]
Quellen
↑1 | Prof. de Zayas, “Curzon-Linie”, Encyclopaedia of Public International Law, Bd. I, Amsterdam, 1992 |
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Claus Pichlo
31. Januar 2009 @ 16:50
Wenn das alles unsere Politiker wüssten, oder gar die Kanzlern…!
C.Pichlo
Arturo
6. März 2009 @ 09:50
Im Versaillier Vertrag wurde keine polnische Ostgrenze festgelegt. Die Curzon-Linie wurde zu keinem Zeitpunkt als polnische Ostgrenze “vereinbart”. Bei der Curzon-Linie handelt es sich lediglich um den Vorschlag für eine Demarkationslinie zwischen den seit über einem Jahr kämpfenden polnischen und sowjetischen Verbänden.
Der Vorschlag wurde im Juli 1920 (eineinhalb Jahre nach dem Beginn des Krieges) an den Kommisar Tschitscherin gesendet, der ihn abgelehnt hat. In den Bestimmungen stand auch fest, dass die “Rechte, die Polen ostwärts dieser Linie geltend machen könnte hiermit deutlich gewährt bleiben” (Les droits que la Pologne pourrait avoir a faire valoir sur les territoires situés a l’Est de ladite ligne sont expressément réservés)”.
Die polnische Ostgrenze wurde erst im Frieden von Riga endgültig vereinbart. Damit haben sie auch die Sowjets anerkannt.
herbert harstrick
18. März 2010 @ 18:32
ich bin an der geschichte zur jetzigen ostgrenze polens sehr interessiert. wo gibt es eine karte polens von vor 1938? meine bekannten in polen kommen sowohl aus der ukraine als auch aus weißrussland.