Olympiade der Menschenrechte
Am 24. März 2008 teilte der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) in einer Presseerklärung mit, dass der Sportbund sich gegen einen Boykott und für eine Teilnahme an den Olympischen Sommerspielen vom 8. bis 24. August 2008 in der chinesischen Hauptstadt Peking entschlossen hat. Der Sport sei nicht in der Lage Probleme zu lösen, die weder die Vereinten Nationen noch einzelne Regierungen in jahrzehntelangen Anstrengungen bewältigen konnten. Sport tauge nicht als politisches Druckmittel, sondern solle den Dialog und die Verständigung fördern. Allerdings bekannte sich der DOSB zum Prinzip des “mündigen Athleten”, dem es freigestellt sei, seine Meinung gemäß der Olympischen Charta “vor, während und nach den Olympischen Spielen frei zu äußern”.
Weltweit haben sich in letzter Zeit Sportler, Sportfunktionäre und nicht zuletzt Politiker gefragt, ob und wie sie die Olympischen Spiele in Peking boykottieren sollen. Hatte China nicht vor der Vergabe der Spiele durch die IOC-Evaluierungs-Kommission an Bejing – wie Peking auf Chinesisch heißt – versichert, dass es keine Einschränkung der Pressefreiheit vor und während den Spielen geben wird? Entgegen dieser Zusage wurde nun vor wenigen Tagen der bekannteste Menschenrechtler Chinas, der 34-jährige Hu Jia, zu drei Jahren Gefängnishaft verurteilt – wegen angeblicher Kritik an der kommunistischen Partei.
Bundesdeutsche Spitzensportler haben ihrem Protest gegen anhaltende Menschenrechtsverletzungen in China im Vorfeld ihrer Teilnahme an den Olympischen Spielen jetzt im Internet Ausdruck verliehen: Unter dem Motto “Sport for Human Rights” haben sie das interaktive Sportportal “Netzathleten” gegründet, das mittlerweile mit monatlich über 15 Millionen Klicks und weiter ansteigendem Interesse das größte Sportnetzwerk Europas und Sammelpunkt von Profisportlern und Sportbegeisterten im Internet darstellt.1)Netzathleten – Sportportal, URL: http://www.netzathleten.de – abgerufen am 5.04.2008
Nahezu die gesamte deutsche Sportelite hat sich mittlerweile dieser Bewegung angeschlossen.
An der Spitze der Initiative stehen neben Kanu-Profi und BWL Student Stefan Pfannmöller weitere Olympiamedaillengewinner wie z. B. Kathrin Boron (Rudern), Dagmar Hase (Schwimmen) und Stefan Kretzschmar (Handball). Kretzschmar bringt ihre gemeinsame Überzeugung auf den Punkt: “Was in Tibet passiert, ist menschenverachtend. Deswegen sollten wir nach China zu den Spielen fahren und dort für die Menschenrechte eintreten, ohne unseren Traum aufgeben zu müssen.”
Die olympische Charta verbietet zwar jegliche politische Propaganda an olympischen Stätten, doch mit einem blau-grünen Silikonbändchen am Handgelenk, das den Slogan “Sport for human rights” trägt, wollen sie für die Achtung der Menschenrechte und Pressefreiheit eintreten.
Sicherlich, so ein kleines Bändchen am Handgelenk mutet wie ein Tropfen auf einem heißen Stein an, angesichts eines Landes mit der weltweit höchsten Zahl an vollstreckten Todesurteilen, wie amnesty international im April 2007 festgestellt hatte.
Doch inzwischen haben sich auf netzathleten.de bereits mehrere Tausend Sportler und Personen, die sich dem Sport verbunden fühlen, zusammengefunden, um diese Kampagne zu unterstützen. Das ist sehr beeindruckend und scheint eine Massenbewegung zu werden. Das einzigartige soziale Sport-Netzwerk mit vielen interessanten interaktiven Möglichkeiten bietet neben der Gelegenheit, sich “Seite an Seite” mit bundesdeutschen Spitzensportlern für Menschenrechte und Pressefreiheit zu solidarisieren, darüber hinaus auch die faszinierende Chance, Freundschaften im Rahmen des Sports aufzubauen und zu pflegen. Gemeinsam ist Sport eben am Schönsten!
Gemeinsam für eine “Olympiade der Menschenrechte”
Noch nie war es so leicht, mit Profisportlern in Kontakt zu treten, ihnen eine Nachricht zuzusenden, Gleichgesinnte zu treffen, “Teams” oder Fanclubs zu gründen, und gemeinsam eine “Olympiade der Menschenrechte” zu entzünden. Zahlreiche Politiker verschiedener europäischer Länder mögen die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Peking am 8. August boykottieren. Evtl. wird auch US-Präsident Georg W. Bush sich dazu genötigt sehen. Der Deutsche Olympische Sportbund wird auf jeden Fall an den Spielen teilnehmen und die deutschen Athleten werden deutlich machen, dass für sie nicht die Spiele im Vordergrund stehen… Wird die politische Führung Chinas es am Ende gar bereuen, sich als Austragungsort für die Olympischen Spiele 2008 beworben zu haben?
Quellen
↑1 | Netzathleten – Sportportal, URL: http://www.netzathleten.de – abgerufen am 5.04.2008 |
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