Geisterstadt und Boomtown

Das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) behauptet indirekt, dass die Breslauer den Zweiten Weltkrieg begonnen hätten und dass sie deshalb 1945 vertrieben wurden. Hätten die Kölner den Krieg angefangen, wären sie vertrieben worden, hätten es die Münchner getan, wären sie dran gewesen. Doch weil es die Breslauer waren, mussten sie – alt und jung – mit dem Verlust ihrer Heimat bezahlen.

Der Film “Breslau 2.0 – Boomtown mit Geschichte” von Armin Coerper (ZDF, 27.12.2015, Redaktion: Matthias Szczerbaniewicz) erzählt in 15 Minuten wie die Metropole Schlesiens, Breslau, “sich immer wieder neu erfunden hat.” Gerade jetzt würde ein neues Kapitel ihrer Geschichte beginnen…
Schon oft haben Historiker, Lehrer und vor allem Politiker in den Jahrzehnten nach dem Krieg versucht, die Vergangenheit Breslaus zu verdrängen, ja sie zu verheimlichen und ihre Stadtgeschichte umzuschreiben. Doch “die früheren Zeiten” verfolgen sie wie ein dunkles Vermächtnis.

Vor 75 Jahren mussten die Deutschen von hier fort. Polen kamen aus dem Osten und wurden angesiedelt…ZDF, Breslau 2.0 – Boomtown mit Geschichte

…heißt es zu Beginn der Reportage. – Wenn man den Zeitraum der Annektion des historischen Ostdeutschlands, die millionenfache, völkermordartige Vertreibung der angestammten Bewohner und die sukzessive Polonisierung auf diese beiden Sätze reduzieren darf, dann stört es auch nicht weiter, dass es nicht 75, sondern nur 70 Jahre waren, seitdem “die Deutschen fort mussten”.

Für den Filmemacher Armin Coerper, ZDF-Studio-Leiter in Warschau1)Armin Coerper, ZDF, http://www.zdf.de/auslandsjournal/zdf-korrespondent-armin-coerper-warschau-40633884.html” – abgerufen am 28.12.2015, ist dieser radikale Bevölkerungsaustausch auf jeden Fall “der Preis für einen Krieg, den sie begonnen haben”.

Sie [Breslau] hat 1945 schon einmal neu anfangen müssen, als die Deutschen von hier fort mussten – als Preis für einen Krieg, den sie begonnen hatten , als Polen kamen und die Stadt zu ihrer machten…ZDF, Breslau 2.0 – Boomtown mit Geschichte

Mit anderen Worten: Wer einen Krieg beginnt, muss dafür mit dem Preis der Heimat bezahlen. Weil die Breslauer (die Ostdeutschen) aus ihrer Heimat vertrieben wurden, hatten im Umkehrschluss sie mit dem Krieg angefangen. Hätten die Kölner (Rheinländer), Münchner (Bayern) oder Saarbrücker (Saarland) – von dort stammt Armin Coerper – den Krieg begonnen, hätte man sicherlich auch sie vertrieben…

Seit Pegida kennt jeder in Deutschland das polemische und herabsetzende Schlagwort “Lügenpresse”. Manchmal sind jedoch Halbwahrheiten, einseitige Darstellungen und Auslassungen schlimmer als offensichtliche Lügen.

Wahr ist auf jeden Fall, dass die Gebietsannektionen und ethnischen Säuberungen, denen die Ostdeutschen und Breslau zum Opfer fielen, nicht mit dem “Überfall Hitlers auf Polen”, sondern mit dem Churchill-Stalin-Pakt bzw. der sog. “Westverschiebung Polens” begründet wurden.

Quellen

Quellen
1 Armin Coerper, ZDF, http://www.zdf.de/auslandsjournal/zdf-korrespondent-armin-coerper-warschau-40633884.html” – abgerufen am 28.12.2015