Genfer Konventionen

Am 22. August 1864 unterschrieben 12 europäische Staaten die 1. Genfer Konvention. Sie sollte das Schicksal von verwundeten und kranken Soldaten verbessern. 1859 wurde der schweizer Geschäftsmann Henry Dunant im italienischen Solferino Augenzeuge eines äußerst blutigen Gemetzels, bei dem rund 40.000 Offiziere und Soldaten starben. Vier Jahre nach der Schlacht wurde in Genf die Rote-Kreuz-Bewegung gegründet und etwa ein Jahr später mit der 1. Genfer Konvention in Völkerrecht verwandelt.

Innerhalb des humanitären Völkerrechts entwickelte sich neben dem in den Genfer Konventionen kodifiziertem Genfer Recht noch das so genannte Haager Recht (z.B. die Haager Landkriegsordnung von 1907). Grobe und systematische Verstöße gegen die Haager und Genfer Konventionen sind als „Verbrechen gegen die Menscheit“ (crimes against humanity) in das Völkerstrafrecht eingegangen.

Dieser Begriff wurde bereits während des Zweiten Weltkriegs mehrfach verwendet. Deutsche und Alliierte beschuldigten sich gegenseitig dieses Verbrechens.

Das „Londoner Statut“, das dem Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg (20.11.1945 bis 1.10.1946) zugrunde lag, definierte als „Verbrechen gegen die Menschheit“:

Mord, Ausrottung, Versklavung, Deportation oder andere unmenschliche Handlungen, begangen an irgendeiner Zivilbevölkerung vor oder während des Krieges.De Zayas, Nemesis, 272.

Die Alliierten in Nürnberg nahmen in ihre Anklage (Punkt 3, Abschnitt J) die von den Nationalsozialisten durchgeführten Vertreibungen von Polen in den Jahren 1939/40 als Verbrechen in diesem Sinne auf.

Die Anklage lautete:

In gewissen besetzten, als von Deutschland annektiert ausgegebenen Gebieten zielten die Bestrebungen der Angeklagten methodisch und fortgesetzt darauf ab, diese Gebiete politisch, kulturell sozial und wirtschaftlich dem Deutschen Reich anzugleichen. Die Angeklagten bemühten sich, den bisherigen Volkscharakter dieser Gebiete zum Verschwinden zu bringen. In Verfolgung dieses Planes und Bestrebens deportierten die Angeklagten gewaltsam Einwohner, die überwiegend nichtdeutsch waren, und brachten dafür Tausende von deutschen Siedlern in die betreffenden Gebiete.De Zayas, Nemesis, 272.

Pierre Mournier, Hilfsankläger für die Französische Republik warf bereits am ersten Verhandlungstag, am 20.11.1945, den deutschen Angeklagten vor, Massendeportationen befohlen zu haben. Diese würden die internationalen Konventionen verletzen, insbesondere Artikel 46 der Haager Landkriegsordnung von 1907. Sie würden die Kriegsgesetze und Gebräuche verletzen und die allgemeinen Grundsätze des Strafrechts…

Das Internationale Militärtribunal verurteilte die Vertreibungen, die von den Nationalsozialisten durchgeführt worden waren, als Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschheit. Die UNO-Generalversammlung bestätigte das Urteil am 11.11.1946 (Resolution 95 I).

Zur gleichen Zeit als die Nürnberger Prozesse liefen, wurden jedoch Millionen von Deutschen aus ihrer angestammten Heimat vertrieben. Der renommierte Völkerrechtler und UN-Mitarbeiter Alfred-Maurice de Zayas konstatiert:

Dies geschah aufgrund des politisch-strategischen Willens Stalins und mit Billigung derselben Anglo-Amerikaner, deren Ankläger und Richter in Nürnberg über nationalsozialistische Vertreibungsverbrechen befanden. Ein besseres Beispiel doppelter Moral ist kaum vorstellbar.De Zayas, Nemesis, 272.