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21. Juni 2011 um 06:01 Uhr #2850Richard
Gestern noch Gastarbeiter und heute bereits Minderheit? – So könnte man fragen, wenn man liest, was verschiedene Politiker mal wieder ausgeheckt haben.
Angela Merkel reist mit dem “halben Kabinett” nach Warschau, heißt es ganz aktuell in den Medien. Robin Lautenbach von tagesschau.de schreibt dazu:
Rechtzeitig vor dem Warschauer Kabinettstreffen wurde noch ein letzter Stolperstein beseitigt: Staatssekretäre aus den beiden Innenministerien einigten sich auf eine stärkere Unterstützung der in Deutschland lebenden Polen. Im Nachbarschaftsvertrag von 1991 waren die jeweiligen Minderheiten im anderen Land ausdrücklich gleichgestellt worden, damals ging es vor allem um den Sprachunterricht der deutschen Minderheit in Polen. Warschau verlangte jetzt ähnliches für die “polnische Minderheit” in Deutschland. In der Tat hatten die Polen in Deutschland bis 1933 einen offiziellen Minderheitenstatus, bis sie von den Nazis unterdrückt wurden. Heute aber sieht Berlin in den Polen vor allem Einwanderer ähnlich den Türken – ein Minderheitenstatus kam daher nicht in Frage.
http://www.tagesschau.de/inland/polen386.htmlIn diese paar wenigen Sätzen steckt ziemlich viel politischer Unsinn und Geschichtsklitterung. Unter letzterem “bezeichnet man eine unkritische Geschichtsdarstellung, die den Sinn entstellt…” (Wikipedia)
Als Beleg zu diesem Urteil lest z.B. folgenden Artikel von Konrad Schuller in der F.A.Z.; dort steht u.a. zum Vergleich “deutsche Minderheit in Polen” versus “polnische Minderheit in Deutschland”:
Hintergrund dieser ungleichen Bewertung ist die deutsche Auffassung, dass nur solche Ethnien “nationale Minderheiten” sind, die, wie die vier anerkannten Gruppen (Dänen, Friesen, Sorben sowie Sinti und Roma), “historisch” in Deutschland siedeln. Einwanderer wie die Türken oder die Polen könnten dagegen keine Minderheitenrechte beanspruchen. Das Warschauer Argument, zumindest die “Ruhrpolen”, die schon im 19. Jahrhundert gekommen seien, erfüllten mittlerweile klar die Kriterien einer ansässigen nationalen Minderheit, wehrt man in der Bundesregierung mit dem Hinweis auf eine Studie des Instituts für Auslandsbeziehungen ab. Danach hat es zwar 1945 noch etwa 100000 Nachkommen dieser Gruppe gegeben; heute allerdings engagieren die meisten Polnischstämmigen in Deutschland sich längst nicht mehr unter “Bezugnahme auf ihre polnische Identität”.
http://www.bergner.de/content/view/462/61/Robin Lautenbach suggeriert also mit seiner o.a. Formulierung Kontinuität im polnischen “Minderheitenstatus” – die es eben so nicht gibt. Deswegen verstrickt er sich auch im letzten Satz in einen Widerspruch, der sich in den verwendeten grammatischen Zeiten manifestiert. Entweder sieht Berlin in den Polen Einwanderer wie z.B. die Türken – und dann kommt ein Minderheitenstatus nicht infrage. Oder Berlin hat seine Sichtweise nunmehr geändert…
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