Forum › Potsdamer Konferenz › Recht › Fachtagung an der FU Berlin › Re:Re: Fachtagung an der FU Berlin
@Richard wrote:
Übrigens: Mir fällt auf, dass in Verbindung mit der Potsdamer Konferenz immer wieder von “Umsiedlungsbeschlüssen” gesprochen wird. Die Potsdamer Konferenz hatte keine Umsiedlung beschlossen, sondern ein Vertreibungsmoratorium gefordert!
Hallo Richard, Du nimmst sicherlich Bezug auf folgenden Abschnitt der Potsdamer Konferenz:
Die tschechoslowakische Regierung, die Polnische Provisorische Regierung und der Alliierte Kontrollrat in Ungarn werden gleichzeitig von obigem in Kenntnis gesetzt und ersucht werden, inzwischen weitere Ausweisungen der deutschen Bevölkerung einzustellen, bis die betroffenen Regierungen die Berichte ihrer Vertreter an den Kontrollausschuss geprüft haben. https://potsdamer-konferenz.de/dokumente/potsdamer-protokoll#IX
Allerdings steht ein paar Zeilen weiter oben tatsächlich, dass “die drei Regierungen erkennen an, dass die Überführung der deutschen Bevölkerung oder Bestandteile derselben, die in Polen, Tschechoslowakei und Ungarn zurückgeblieben sind, nach Deutschland durchgeführt werden muss. Sie stimmen darin überein, dass jede derartige Überführung, die stattfinden wird, in ordnungsgemäßer und humaner Weise erfolgen soll”.
Völkerrechtlich betrachtet waren die Oder-Neiße-Gebiete nach der Potsdamer Konferenz definitiv noch deutsch. Zumindest den Westalllierten muss dieser Sachverhalt klar gewesen sein. Aus ihrer Perspektive muss also bei der “Umsiedlungsfrage” mit “Polen” das Vorkriegspolen (ohne Oder-Neiße-Gebiete) gemeint gewesen sein. Das deckt sich auch mit der ablehnenden Haltung vor allem Churchills gegenüber einer “Überfütterung der polnischen Gans mit deutschem Territorium”. Tatsache ist aber auch, dass Stalin maßgeblich der Potsdamer Konferenz seinen Stempel aufdrückte. So hat sich letztlich auch in strittigen Punkten seine Interpretation der Konferenztexte durchgesetzt.
Noch einmal: Aus westlich-demokratischer Perspektive war es klar, dass drei großköpfige Politiker nicht über die Grenzen und die Bevölkerung anderer Länder entscheiden konnten.