“Die Gerufenen” in Stuttgart

Die Ausstellung „Die Gerufenen“ räumt auf mit verschiedenen Klischees und Vorurteilen. Deutsche Auswanderer kamen nicht “mit Feuer und Schwert“. Sie hatten unterschiedliche Gründe, sich fern der Heimat ein neues Zuhause aufzubauen. Oftmals wurden sie mit Privilegien und Vergünstigungen gelockt. Zumeist verlief die Besiedlung ost- und südosteuropäischer Gegenden friedlich.

Die Gerufenen
Die Gerufenen (Foto: Potsblits)

Die Ausstellung im Stuttgarter Rathaus beschränkt sich auf die Siedlungsgebiete, „in denen Deutsche gemeinsam mit anderen Völkern lebten und die nicht zum 1871 begründeten Deutschen Reich gehörten“. Mit anderen Worten: Die mittelalterliche Besiedelung von z.B. Schlesien oder West-/Ostpreußen und deren Eingliederung ins “Heilige Römische Reich” wird auf den Tafeln nicht thematisiert.

Diese Schautafeln informieren mit schönen Fotoimpressionen und prägnanten Texten über…

  • Böhmen – Mähren
  • Baltikum
  • Westkarpaten
  • Siebenbürgen
  • Donauraum
  • Lodz – Wolhynien – Litauen
  • Galizien – Bukowina
  • Schwarzmeer – Bessarabien – Wolga

Die Deutschen in den genannten Gebieten wurden im 20. Jahrhundert infolge des sog. Hitler-Stalin-Pakts (ebenfalls) zum Spielball der nationalsozialistischen und sowjetischen Expansionspolitik. Mit Ende des Zweiten Weltkriegs entschieden schließlich wieder politische Autoritäten über die Zukunft der sog. „Volksdeutschen“ – diesmal aufgrund der von Stalin dominierten (ost-)europäischen Neuordnung.

Die sehr sehenswerte Ausstellung „Die Gerufenen“ stellt u.a. das Zusammenleben von Deutschen mit anderen Volksgruppen in den europäischen Nachbarländern verständlich dar. Gleichzeitig wird der interessierte Besucher aber auch zu neue Fragen animiert. Z.B. wie konnte es zu den anwachsenden Nationalismen in diesen Gebieten kommen? Ein Nationalbewusstsein, das – einige Zeit vor Adolf Hitler – auf ethnisch homogene Nationalstaaten abzielte und das auch die deutschen Volksgruppen einem massiven Assimilierungsdruck unterwarf.

Bis ins 19. Jahrhundert war Nationalität nicht gleichbedeutend mit Staatsangehörigkeit. So sah sich die Mehrheit als loyale Staatsbürger des ungarischen Königreiches (ab 1526 des Habsburger Reiches) und zugleich, je nach Abstammung, als Deutsche, Ungarn, Slowaken oder Juden. Der zunehmende ungarische Nationalismus ab Mitte des 19. Jahrhunderts führte dazu, dass viele Deutsche ihre Namen magyarisierten. Oftmals waren Karrieregründe ausschlaggebend.Miteinander leben in Pressburg / Bratislava / Pozsony1)Die Gerufenen

Die Ausstellung „Die Gerufenen“ trägt den Untertitel „Deutsches Leben in Mittel- und Osteuropa“ und wurde vom Bund der Vertriebenen konzipiert. Mitte Juli 2009 wurde sie im Kronprinzenpalais in Berlin feierlich eröffnet. Ein Teil der Ausstellung ist nun im Stuttgarter Rathaus bis Ende August 2012 zu sehen.

Die Gerufenen – Deutsches Leben in Mittel- und Osteurpa,
Stuttgarter Rathaus (Marktplatz 1, Stuttgart-Mitte),
3. Obergeschoss,
2. bis 31. August 2012

Quellen